Still ruht der See - Ruppi vom 11.01.2013
Wenn überhaupt, sind es zwei Kandidaten, die von den Anrufern als möglicher künftiger Bürgermeister gehandelt werden: Ronny Kretschmer von den Linken und Amtsinhaber Jens-Peter Golde (Pro Ruppin). Kretschmer hat durch sein Alter bei einigen einen Vorteil: Barbara Hinz etwa will ihn wählen, weil sie ihm zutraut, dass er das, was er sich vornimmt, auch durchzieht. Kretschmer, und in geringerem Maße auch Doll, scheinen darüber hinaus davon zu profitieren, dass Wähler von Golde enttäuscht sind. Diese Kritiker des Amtsinhabers, wie etwa Herta Rehländer, begründen ihre Entscheidung, anderen Kandidaten ihre Stimme zu geben, vor allem mit dessen Rolle im Stadtwerke-Skandal.
Golde hatte 2007 Geschäftsführer Dietmar Lenz entlassen, der anschießend wegen Untreue angeklagt und zu einer Bewährungsstrafe sowie zu einer Schadensersatzforderung in sechsstelliger Höhe verurteilt worden war. Lenz hat sich 2009 das Leben genommen. Rehländer will deswegen am Sonntag zum ersten Mal die SPD, und damit Christiane Doll, wählen. "Die soll sehr tüchtig sein."
Ralf Wunderlich aus Alt Ruppin glaubt zwar, dass Ronny Kretschmer das Rennen am Sonntag machen wird, allerdings bezweifelt er, dass sich an Problemen in Alt Ruppin etwas ändern wird. Eines davon ist in seinen Augen das geringe Freizeitangebot für Kinder und Jugendliche. Sein Beispiel: 1952 habe es im Gegensatz zu heute eine Badeanstalt mit Fünf-Meter-Sprungturm, einer drei Meter langen Rutsche und Stegen gegeben. "Und das war zehn Jahre nach dem Krieg."
Insgesamt aber dümpelt der Wahlkampf vor sich hin. Die wenigen Ansätze zu einer öffentlichen Debatte finden sich auf der Internetplattform Facebook. Sozialdemokrat Nico Ruhle versucht dort mit "Warum Golde nicht Bürgermeister werden darf - ein Pamphlet" noch kurz vor Toresschluss für ein paar Wellen auf dem ansonsten stillen See zu sorgen. Ruhle wirft Golde darin unter anderem vor, einer Auseinandersetzung über die Bilanz seiner achtjährigen Amtszeit aus dem Wege zu gehen. Der Anlass für Ruhles Schelte: Golde fehlte bei den Kandidatenrunden auf Ruppin TV. "Die Bürger haben ein Recht zu erfahren, was die Kandidaten in den nächsten Jahren vorhaben", so Ruhle.
Was der SPD-Mann nicht sagt: Auch der parteilose Kandidat Kay Noeske-Heisinger hatte sich geweigert, an der Runde teilzunehmen, weil er Ruppin-TV-Chefin Stefanie Rose für parteiisch hält. Sie hatte nämlich vorher eine Wahlkampfveranstaltung von Ronny Kretschmer (Linke) moderiert.
Hart ins Gericht geht Ruhle auf Facebook auch mit Goldes Wahlprogramm. Sein Vorwurf: Der Bürgermeister bediene sich aus der von Experten erarbeiteten Entwicklungsstrategie für die Stadt und offenbare damit Ideenlosigkeit. "Golde will den Bekanntheitsvorsprung als Amtsinhaber mit möglichst geringem Aufwand ins Ziel retten. Als Demokrat sage ich: ,Es wäre bedenklich, wenn er damit durchkommen würde.' Es gibt genug Themen, die es wert wären, diskutiert zu werden." Ob Ruhle es schafft, damit noch einen Sturm zu entfachen, ist ungewiss. Am Sonntag wird schon gewählt.